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Auf dem Weg an die Berufsweltmeisterschaften 2017
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Auf dem Weg an die Berufsweltmeisterschaften 2017

Im Oktober finden in Abu Dhabi die 44. Berufsweltmeisterschaften (World Skills 2017) statt. Für die Drucktechnologinnen und Drucktechnologen der Schweiz wird die Aargauerin Janine Bigler um die Medaillenplätze kämpfen. Im Gespräch erzählt sie von ihrem Beruf und dem Fussball, ihrer anderen Leidenschaft, und wie sie sich auf den grossen Wettkampf in Abu Dhabi vorbereitet.

 

Ich treffe Janine Bigler an ihrem Arbeitsplatz. Bei der Sprüngli Druck AG in Villmergen hat sich die Aargauerin zur Drucktechnologin ausgebildet und ihre Lehre im letzten Sommer abgeschlossen. Mit Bravour: Unter allen Polygraphen und Drucktechnologen der Kantone Aargau und Solothurn erzielte sie die zweitbeste Gesamtnote.

Diese Leistung berechtigte Janine Bigler, im September an den Schweizer Meisterschaften der Medienmacher teilzunehmen. Wer dort siegte, war für die 44. Berufsweltmeisterschaften, die World Skills 2107, im kommenden Oktober in Abu Dhabi qualifiziert. Janine Bigler meisterte auch diese Prüfung souverän. Mit der gleichen Punktzahl wie Lars Kradolfer aus dem Kanton Thurgau belegte sie den ersten Rang; eine weitere Ausscheidungsrunde musste entscheiden, welcher Kandidat oder welche Kandidatirn in das Emirat reisen würde. Zusammen mit der drittplatzierten Janette Enadhege aus dem Kanton St. Gallen stellten sich Janine und Lars den Fragen einer dreiköpfigen Jury. Janine Bigler durfte jubeln. Dass sie an die World Skills reisen würde, hatte für Janine Bigler einen umso höheren Wert, als es während ihrer vierjährigen Berufslehre einen Bruch gegeben hatte. Aber davon später.

 

«Wenn ich einen Werbeprospekt aus dem Briefkasten nehme, an dem ich mitgearbeitet habe, ist das für mich immer eine Genugtuung.»

 

Jetzt sitzt Janine Bigler mir gegenüber und erzählt. Wie sie schon als Schülerin während der Ferien in Druckereibetrieben ausgeholfen, den Geruch von Farbe und Papier geatmet und an den Druckmaschinen Gefallen gefunden hatte. Es folgten Schnupperlehren. In Janine Bigler reifte der innige Wunsch, das Handwerk des Druckens zu erlernen.

Was fasziniert sie an diesem Beruf? «Ich sehe, was ich gemacht habe. Wenn ich daheim einen Werbeprospekt aus dem Briefkasten nehme, an dem ich mitgearbeitet habe, ist das für mich immer eine Genugtuung.» Janine Bigler mag auch staunen, wie präzis sie auf einem relativ grossen Produktionssystem wie einer Bogenoffsetmaschine arbeiten kann, wie Rasterpunkte und andere feine Bildelemente bis auf den Bruchteil eines Millimeters genau auf den Bedruckstoff übertragen werden. Die Arbeit mit Präzisionsmechanik fordert Janine Bigler nicht nur geistig, sondern auch körperlich heraus. Neben der Kopfarbeit braucht sie die Bewegung. «Den ganzen Tag am Computer sitzen? Nein, das wäre damals nichts für mich gewesen.» Heute beurteilt Janine das differenzierter, und sie kann sich durchaus vorstellen, am Computer zu arbeiten. Gerade ist sie daran, sich zur Betriebsfachfrau Druck und Verpackungstechnologie EFA auszubilden. Bogenoffsetmaschinen sind Hochleistungssysteme. Vollgestopft mit Intelligenz, arbeiten sie weitgehend autonom. Wo bleibt der Reiz, ein solches System zu bedienen? «Oh, da gibt es vieles, wozu es die Fachfrau oder den Fachmann braucht.» Natürlich sei der Bogenoffsetprozess zu einem grossen Teil Routinearbeit. Bestimmt könne diese Arbeit innerhalb bestimmter Grenzen einem rech­nergesteuerten System überlassen werden. Möglicherweise würden Druckereibetriebe, die mit Standardformaten und Standardpapieren arbeiteten, so produzieren. Aber hier bei Sprüngli Druck sei das anders. Janine Bigler nennt es ihr Glück, dass dieses Druckereiunternehmen in einem Marktsegment zuhause ist, wo die Kunden hohe Ansprüche an ihre Druckaufträge stellten, wo kaum ein Auftrag einem anderen gleicht, wo ab und zu Spezialitäten wie ein Iris-Druck gefragt sind. Doch, beteuert sie, ihr Arbeitsalltag sei interessant, abwechslungsreich und vielseitig. Nicht immer funktioniere im Bogenoffsetprozess alles reibungslos, sagt Janine Bigler. «Was ist, wenn die Routine eines Überwachungssystems nicht mehr ausreicht, um fehlerfrei zu produzieren, wenn ein Phänomen wie Schieben oder Dublieren auftritt oder ein Papier zum Stauben oder Rupfen neigt?» Sie müsse die Druckmaschine kennen, die Gesetze der Druckabwicklung verstehen und wissen, wie sich Druckplatte, Druckfarbe, Feuchtmittel, Gummituch und Papier gegenseitig beeinflussen. «Wenn Probleme auftreten, sind die guten Fachleute gefordert.»

 

«Ich fragte mich, ob ich wirklich den richtigen Beruf gewählt hatte.»

 

Dass Janine Bigler eine gute Drucktechnologin ist, hat sie bewiesen. Sie selber war davon nicht immer überzeugt. Ihre Ausbildung begann sie 2012 in einem Kleinbetrieb. Dort sei es bald zu Missverständnissen gekommen. Niemand sei richtig für ihre Ausbildung verantwortlich gewesen, es seien ihr Aufgaben übertragen worden, die sie von ihrem Ausbildungsniveau her noch gar nicht lösen konnte. «Ich begann zu zweifeln und fragte mich, ob ich wirklich den richtigen Beruf gewählt hatte.»

Aber Janine Bigler ist eine Kämpferin. Sie setzte sich hin und schrieb Bewerbungsbriefe an andere Druckereien in der Region. «Es waren nicht viele, die ich gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen konnte.» Die Zeit drängte: Das Ausbildungsreglement schreibt vor, dass bei einem Wechsel der Lehrstelle vom alten zum neuen Arbeitsort nicht mehr als drei Monate vergehen dürfen. Schliesslich konnte Janine bei der Sprüngli Druck AG persönlich vorsprechen und erhielt die neue Lehrstelle. Ihre sehr guten Schulnoten hätten den neuen Lehrmeister damals von ihrer Liebe zum Beruf der Drucktechnologin überzeugt, erinnert sie sich. Ihre Liebe hat Janine Bigler zu einem Beruf entwickelt, der einmal von Männern beherrscht war. «Das ist lange her», entgegnet sie. Längst habe der Drucktechnolagenberuf sein Männerimage eingebüsst. Auch wenn Frauen in den Berufsschulklassen mehrheitlich in der Unterzahl sind, hätten sie sich als Drucktechnologinnen durchgesetzt, und sie seien akzeptiert.

 

«Am Ende sehe ich, was wir im Team geleistet und erreicht haben.»

 

Auch beim Sport hat sich Janine Bigler in eine Welt gewagt, die über lange Zeit den Männern vorbehalten war. Hier gilt ihre Leidenschaft dem Fussball. Als ihre Familie vor zwölf Jahren umzog, lag das Fussballfeld am neuen Wohnort direkt vor der Haustür. Janine kamen Momente der Kindheit in den Sinn, als sie oft mit ihrem Bruder Fussball spielte. 2006 trat sie dem SC Schöftland bei, kämpfte seither als Mittelfeldspielerin im Frauenfussballteam. Sie habe auch Hallensportarten ausprobiert, Handball, Volleyball. Janine Bigler wollte aber draussen in der Natur sein. Dort fühlte sie sich wohl, gleich ob die Sonne schien, ob es regnete und stürmte. Woher die Begeisterung? «Ich kann mich für ein ganzes Team einsetzen, für das Team kämpfen, und ich bewege mich. Ich werde zwar schmutzig. Aber das gehört dazu, am Ende weiss und sehe ich, was wir im ganzen Team geleistet und erreicht haben.»

 

«Ich werde die ganze Schweiz in meinem Rücken haben. Es ist grossartig, dieses Land vertreten zu dürfen.»

 

Teamarbeit ist Janine Bigler wichtig. Wenn sie im Oktober in Abu Dhabi gegen Drucktechnologinnen und Drucktechnologen aus über 70 anderen Nationen antritt, wird sie eine Einzelkämpferin sein. Wäre Tennis nicht die geeignetere Sportart gewesen, um sich auf die World Skills vorzubereiten? Janine Bigler widerspricht. Sie sei in ihrem Beruf genügend auf sich allein gestellt, mache «ihr Ding». Sie schätze es, im Fussball gemeinsam mit ihren Kolleginnen auf ein Ziel hinzuarbeiten. Und was die Berufsweltmeisterschaften betrifft: Auch sie seien durchaus Teamarbeit. Jetzt wo sie sich vorbereite, profitiere sie von ihren Trainern, von allen Leuten, die sie unterstützten und von denen sie wertvolle Hinweise annehmen dürfe. Sie reise mit der ganzen Schweizer Delegation nach Abu Dhabi und werde sich dort als Teil dieser Delegation dem Wettkampf stellen. «Ich werde die ganze Schweiz in meinem Rücken haben», sagt sie, und nennt es eine grossartige Gelegenheit, dieses Land zu vertreten. «Ohne die Schweiz mit ihrer tollen Berufsbildung hätte ich niemals diese einmalige Chance erhalten.»

Jetzt haben also die Vorbereitungen für Abu Dhabi begonnen. In den nächsten Monaten wird Janine Bigler mit der ganzen Schweizer Delegation immer wieder unterwegs sein. Sie wird die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus anderen Berufen kennen lernen, in Seminaren das Meistern von Stresssituationen trainieren. Ihr persönlicher Coach, der Berufsfachschullehrer Ralf Wyss, wird Janine beim praktischen Training an ihrem Arbeitsplatz begleiten, sie rund um verfahrenstechnische Fragen im Offsetdruck beraten. Eine starke Mentorin wird Andrea Schmidheiny sein. Die Gewinnerinder Goldmedaille an den World Skills 2013 in Leipzig wird aus ihren Erfahrungen schöpfen und Janine Bigler wichtige praktische Hinweise geben. Auf Unterstützung darf Janine von der Sprüngli Druck AG zählen, ihrem einstigen Lehrbetrieb und heutigen Arbeitgeber, der immer an ihr Talent geglaubt und sie gefördert hat. Und Janine wird von ihrer grossen Familie, mit Vater, Mutter und vier Geschwistern, grossen Zuspruch erhalten. Und die Sprache? An den World Skills wird, im Interesse eines fairen Wettkampfs, offiziell englisch gesprochen. Englische Grundkenntnisse habe sie sich in der Oberstufe angeeignet, sagt Janine Bigler. Was fehle, seien die Fachbegriffe der Drucktechnik. Deshalb hat sie sich ein Fachwörterlexikon ausgeliehen. Neben Arbeitsalltag, Training an der Maschine und Fussballspiel büffelt sie jetzt englische Druckerfachsprache. Und damit sie den allgemeinen englischen Wortschatz auffrischen kann, hat der Freund ihr ein Abonnement einer Zeitschrift geschenkt.

 

Am 8. Oktober wird die Schweizer Delegation nach Abu Dhabi fliegen. Reist Janine Bigler allein? Ihr Freund werde sie bestimmt begleiten, von der Familie habe ihr älterer Bruder bei seinem Arbeitgeber Ferien beantragt. Ihre Teamkolleginnen vom SC Schöftland werden ihr aus der Ferne fest die Daumen drücken. Und wir alle wünschen Janine Bigler, dass sie in Abu Dhabi wieder jubeln darf.

 

Text: Jürg Marti

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Spannendes

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